Als Führungskraft möchten Sie unnötige Fluktuation in Ihrem Bereich vermeiden. Da Menschen eher engagiert, loyal und dauerhaft an einem Arbeitsplatz bleiben, wenn die Zusammenarbeit auf vertrauensvoller Basis erfolgt, sind Sie also gut beraten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Denn das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern braucht Zeit, um sich aufzubauen und zu verfestigen. So individuell die eigene Führungskultur sein mag – ein paar Grundregeln befolgen Führungskräfte, wenn sie aktiv eine gute Vertrauensbasis befördern wollen.
Zeit für Führungsaufgaben ist ein Muss
Gerade bei Führungskräften des ärztlichen Dienstes wird die Zeit für Führungsaufgaben im Arbeitsalltag oft nicht berücksichtigt, weil sie gar nicht als Führungskräfte wahrgenommen werden. „Wie halten Sie das mit Ihren Führungskräften?“ fragte ich einmal eine Geschäftsführungsrunde und hakte sicherheitshalber nach: „Also bei den Ärztinnen und Ärzten?“. Diese Runde hatte Ärztinnen und Ärzte noch nie als Führungskräfte, sondern ausschließlich als hochqualifizierte Fachkräfte wahrgenommen – und war bass erstaunt festzustellen, dass sie einen Mangel an Führung beklagte, der schon aufgrund zeitlicher Kapazitäten logisch entstehen musste.
Fakt ist: Sie können Menschen nicht führen, entwickeln und halten, ohne sich Zeit für sie zu nehmen. Vertrauen entsteht zunächst einmal aus dem stetigen und verlässlichen Kontakt mit einander. Wie oft fallen Teambesprechungen (nicht Fallbesprechungen!) bei Ihnen aus, wie häufig verschieben Sie Gespräche mit Mitarbeitenden oder versuchen, sie so knapp wie möglich zu halten? Wenn Sie als Führungskraft nach wie vor im operativen Geschäft stecken ist die Versuchung groß, zuallererst an der Zeit für die Menschen in Ihrem Arbeitsumfeld zu kürzen, das gilt ganz besonders für das Gesundheitswesen.
Als Führungskraft sollten Sie daher niemals zu 100% im „Tagesgeschäft“ eingeplant sein, denn erfolgreich führen gelingt nur mit einem ausreichenden Zeitbudget. Etwa ein Viertel Ihrer Arbeitszeit sollten Sie dafür zur Verfügung haben – für Besprechungen, Gespräche mit Mitarbeitern, Krisensituationen oder Bewerbergespräche zum Beispiel (und das bezieht die Zeit für strategische Analyse und Planung Ihres Bereiches noch nicht mit ein). Denn nur wenn Sie präsent und ansprechbar sind, können Sie als Vertrauensperson wahrgenommen werden, die sich um die Belange des Bereiches kümmert und das Engagement der Menschen, mit denen Sie zusammenarbeiten, wertschätzt.
Klarheit und Verlässlichkeit im Umgang
Eine Führungskraft, die Vertrauen verdient, kennt also die Menschen, mit denen sie arbeitet, hört sich ihre Ansichten an und nimmt sie ernst. Das bedeutet nicht, Beschäftigte zu verhätscheln; Sie dürfen durchaus von den Menschen in ihrem Team erwarten, dass diese ihre Aufgaben professionell und zuverlässig erfüllen. Dafür sollten Sie allerdings Ihre Erwartungen wie auch die Rahmenbedingungen, aufgrund derer Erwartungen, Ziele und Aufgaben zustande kommen, klar und transparent kommunizieren. Und bei berechtigten Einwänden Ihrer Mitarbeitenden bereit sein, mögliche Alternativen gemeinsam zu durchdenken.
Vertrauenswürdig zu führen bedeutet auch, gegenüber dem Haus, der Aufgabe und Ihrem Team loyal zu sein. Auch wenn es einmal Rückschläge oder Enttäuschungen gibt. Menschen machen Fehler, und Ihre wertvollste Stärke als Führungskraft ist es dabei, den Menschen in Ihrem Team Rückendeckung zu geben und Fehler intern zu diskutieren und lösungsorientiert anzugehen. Mit der klaren Erwartung, dass alle Beteiligten nicht eher ruhen, bevor der Fehler nachhaltig behoben ist. Und mit der Bereitschaft, sich unter dieser Voraussetzung vor das Team zu stellen. Schaffen Sie Vertrauen auch dadurch, dass Sie präsent, engagiert und lösungsorientiert mit den Herausforderungen des Alltags umgehen. Und im Kontakt und Gespräch mit den Menschen, die es betrifft, klar und nachvollziehbar die Eckdaten festlegen, die für alle Beteiligten gleichermaßen gelten.
Wichtig ist auch, dass Sie dabei wissen, dass niemand jederzeit perfekt ist. Menschen können in persönlichen Nöten stecken; manchmal ist es nötig, das wahrzunehmen und, wo möglich, zu berücksichtigen. Ein großartiges Beispiel erlebte ich vor einiger Zeit bei einer Führungskraft, die einen Mitarbeiter, der aufgrund einer privaten Krise wenig belastbar war, in Absprache mit ihm und dem Team für eine begrenzte Zeit von bestimmten Aufgaben entband, wobei er im Gegenzug ein paar „ungeliebte Routineaufgaben“ übernahm, die er auch in seiner aktuellen Situation noch gut bewältigen konnte. Damit konnten alle gut leben – und das gesamte Team schätzt diese offene, pragmatische Lösungsfindung.
Führungskompetenz geht vor
Als Führungskraft sind Sie erfolgreich und vertrauenswürdig, wenn Sie ausreichend Zeit dafür investieren, die aktuellen Themen Ihres Teams zu kennen, Ihre Fähigkeiten wie auch die der Menschen in Ihrem Umfeld weiterzuentwickeln und kontinuierlich dazuzulernen. Beharren Sie nicht darauf, in allen Fachfragen die spezialisierteste Expertise zu besitzen – das schafft Distanz und verhindert, dass Ihre Mitarbeitenden so selbständig und eigenverantwortlich arbeiten, wie sie es eigentlich könnten. Wenn Sie sich mit fähigen, kenntnisreichen Menschen umgeben und auf deren Expertise vertrauen, dann kann sich Ihr Bereich erfolgreich weiterentwickeln – und die Menschen bleiben gerne, weil sie mit Ihren Fähigkeiten einen Platz haben.