Jedes Zusammenleben braucht Regeln. Zusammenarbeiten auch. Hätten wir keine Regeln, könnten wir auch keine gemeinsamen Ziele erreichen. Wie immer im Leben kommt es hier auf das rechte Maß an. Aber wie legen wir dieses Maß fest?
Was für den einen ein zu wenig an externen und internen Regelungen ist, empfindet der andere als Gängelung und Einschränkung seiner persönlichen Freiheit.
Im Unternehmensalltag haben wir es mit einer Vielzahl externer und interner Regelungen zu tun, und je nach Branche und Unternehmen verlieren selbst Fachleute mitunter den Überblick. An externen Regelungen wie Gesetzen, Verordnungen, einzuhaltenden Normen und Standards kann keiner etwas ändern. Führungskräfte empfinden bestehende Regelungen oft als zu komplex und haben Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten. Hier kommt es auf die „Filterung“ an.
Je nach Branche und Selbstverständnis kommen noch zahlreiche interne Regelungen dazu, die Mitarbeiter beachten sollen. Dazu gehören Leitbilder, Code of Conduct, Richtlinien ,Verordnungen etc. Da verlieren selbst lang gediente Manager häufig den Überblick – vom Mitarbeiter ganz zu schweigen.
Die Ursache: Compliance Regelungen sind mit der Unternehmensgeschichte gewachsen, es sind immer mehr Regelungen hinzugekommen, ohne die bestehenden immer wieder systematisch auf Relevanz zu überprüfen. Das Ergebnis: Ein Wust an Dateien oder Ordnern, über die nur Wenige einen Überblick haben.
Weniger ist Mehr
Tipp 1: Tone of the top
Die Einhaltung von jeglichen Regeln muss auf allen Leitungsebenen vorgelebt werden – sonst können Sie sich die Zeit für die Formulierung und Implementierung sparen. Regeln, die nicht für alle im Unternehmen gelten, stehen nur auf dem Papier und haben keinen eigentlichen Wert.
Tipp 2: Weniger ist Mehr
Gehen Sie systematisch vor: Welche externen Regelungen, Gesetze, Verordnungen und Normen gelten und müssen beachtet werden? Was brauchen wir an zusätzlichen internen Regelungen, um unserem Leitbild zu folgen und Unternehmensziele zu erreichen? Was können wir von den vorhandenen Regelungen streichen? Prüfen Sie daher, was Sie wirklich benötigen. Ein schlankes, gelebtes Compliance Management System (CMS) ist immer besser als ein unnütz aufgeblähtes.
Tipp 3: Benennen Sie Zuständigkeiten
Als Vorstand oder Geschäftsführung sind Sie verantwortlich für die Einhaltung der externen Regelungen. Diese Aufgabe können Sie an Mitarbeiter, z. B. einen Compliance Officer delegieren. Sie gewinnen Freiraum, entziehen sich aber nicht automatisch der Haftung. Die Lösung zu diesem Dilemma ist Kontrolle und Berichtspflicht. Und es muss ja nicht gleich ein Compliance Officer sein, die Aufgabe kann auch einem anderen Mitarbeiter zugeordnet werden.
Tipp 4: Sorgen Sie für Umsetzung
Natürlich ist es verständlich, wenn Sie sich in Ihrer unternehmerischen Freiheit durch externe Regelungen eingegrenzt fühlen. Aber der Rahmen gilt nicht nur exklusiv für Sie, sondern für Ihre Mitbewerber auch. Und wie häufig im Leben, ist es dann eine Frage der Sichtweise, die unsere Einstellungen (neudeutsch: Mindset) und Handlungen bestimmt. Auch ihre Mitarbeiter bringen eine eigene Sichtweise und Erfahrungen mit. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter nach deren Sichtweisen und holen Sie Vorschläge für eine erfolgreiche Umsetzung ein. Veränderungen von Haltungen und Einstellungen lassen sich nicht verordnen, sondern nur erzeugen. Überzeugen Sie mit Argumenten und Ihrem persönlichen Verhalten! Wenn Sie dabei eine positive Grundhaltung ausstrahlen, eröffnet Ihnen das ganz andere Handlungs- und unternehmerische Perspektiven als eine negative. Wenn es Ihnen gelingt, die aus Ihrer Sicht notwendigen Veränderungen in Ihr Unternehmen zu kommunizieren, haben Sie einen entscheidenden Schritt für die Umsetzung getan. Vorstände und Geschäftsführungen sollten sich immer bewusst sein, dass sie für die Einhaltung von Gesetzen und rechtlichen Regelungen persönlich haften. Allein das sollte Antrieb genug sein, für die Umsetzung der jeweils einschlägigen Gesetze und Regelungen im Unternehmen zu sorgen – und die Umsetzung auch zu dokumentieren und damit nachzuweisen.
Tipp 5: Sorgen Sie für ein einfaches System
Externe und interne Regelungen müssen im Unternehmen umgesetzt werden. Hier gilt besonders: je einfacher Sie es Ihren Mitarbeitern machen, desto eher können diese die Regelungen auch umsetzen. Ob Sie sich für Checklisten oder Ordner, Papier oder EDV-Lösungen entscheiden hängt von Ihnen, Ihrem Unternehmen und der Komplexität ab – entscheidend ist, dass alle relevanten Informationen zu den Mitarbeitern kommen, die es angeht.
Tipp 6: Nehmen Sie Leitungen in die Pflicht
Die Einhaltung von externen und internen Regelungen ist die Basis von Zusammenarbeit, nicht die Kür. Das gilt insbesondere für alle Leitungsebenen Ihres Unternehmens. Mitarbeiter orientieren sich immer am Verhalten der Verantwortlichen (vgl. Tipp 1)
Tipp 7: Bleiben Sie gelassen
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler und Grenzverletzungen. Entscheidend ist, wie Sie damit umgehen. Begreifen Sie Fehler als Chance, um daraus zu lernen. Nehmen Sie Grenzverletzungen zum Anlass, um zu überprüfen, ob Ihre bestehenden Regelungen ausreichend sind und wenn ja, warum sie nicht gegriffen haben. Was können Sie für die Zukunft verbessern? Ein solche Grundhaltung macht jedes Compliance Management zu einem lernenden System.
Nächste Folge: Was in Compliance-Regelungen enthalten sein sollte